Waldbaden vor der Haustür

Nach einem Arbeitstag ein Bad nehmen, möglichst mit einem entspannenden Badebalsam und einer sanften Hintergrundmusik? Das kennt man hinlänglich. Aber ein Bad gegen das Gefühl der Einsamkeit, das uns das Corona-Regime bisweilen hervorrufen kann?

Dieses Bad gibt es, und steht bereit. Es liegt vor der Haustür, im nächstgelegenen Wald. Die „Waldeinsamkeit“ (Ludwig Tieck, deutscher Dichter) übt, so paradox es klingen mag, eine entspannende Wirkung auf den Wandernden aus. Der Wald atmet mit uns, er umhüllt uns mit diversesten Düften, ist voll vom Gesang der Vögel, vom Rauschen der Wipfel und Bäche. Selbst Bäume sprechen zu uns, wenn man Peter Wohlleben („Hörst du wie die Bäume sprechen?“) glauben will. Was man zurzeit mit keiner Person machen darf, ist bei Bäumen weiterhin empfohlen: das Umarmen eines Baumesmit seinen vielgerühmten positiven Wirkungen auf unser Wohlbefinden.

Der Wandernde sieht im Wald überall neues Leben erwachen und wachsen. Er schreitet über Wurzeln und erkennt vielleicht plötzlich auch ein Stück seiner eigenen Wurzeln. Unter dem lichtdurchfluteten Blätter- und Nadeldach des Waldes fühlt man sich geborgen, findet zu sich selbst. „Wer hat dich, du schöner Wald, aufgebaut so hoch da droben?“ (Joseph von Eichendorff, deutscher Dichter). Mit jedem Schritt, den man geht, ändert sich der Blick in die Tiefen des Waldes – Waldkino pur.

Die Japaner haben die Wirkungen eines Waldaufenthalts mit dem Begriff „Waldbaden“ (Shinrin Yoku) eingefangen. All die technischen Massnahmen und Verhaltenstipps zum Wandern in Corona-Zeiten halten wir ein – klar. Gleichzeitig entspannen wir uns vom Coronastress, wenn wir uns zum nächstgelegenen Wald aufmachen und ein Waldbad nehmen.

 

Fribourg Rando

04.04.2020